
Quelle: www.ratinger-wochenblatt.de
Abschied von Harald Birkenkamp:
Er hat sich um die Stadt verdient gemacht
Zehn gute Jahre für Ratingen
Am Sonntag endet die Amtszeit von Bürgermeister Harald Birkenkamp. Am Freitag hat er seinen letzten Arbeitstag. Er wird sich nicht durch den Hinterausgang hinausschleichen, wie es laut Zeitungsberichten der Düsseldorfer OB Dirk Elbers am letzten Sonntag getan hat. Denn Birkenkamp hat zwar auch die Wahl verloren, aber bei weitem nicht so krachend und schmachvoll wie Elbers, sondern knapp und respektabel. Deshalb kann Birkenkamp erhobenen Hauptes gehen, und dies umso mehr, als er zehn Jahre lang ein gutes, ein sehr gutes Stadtoberhaupt war. Für seinen Nachfolger Klaus Pesch hat das Vor- und Nachteile. Vorteil: Er übernimmt ein gut bestelltes Haus und kann einfach weitermachen, ohne den Laden auf den Kopf stellen zu müssen. Nachteil: Er tritt in große Fußstapfen. Pesch weiß das alles, er wollte seinen Vorgänger mit einer Abschiedsfeier ehren, doch Birkenkamp verzichtete. Derlei Veranstaltungen liegen ihm nicht, er habe doch nur gewissenhaft seine Pflicht erfüllt, schrieb Birkenkamp in einer E-Mail an die Mitarbeiter der Stadtverwaltung – nicht ohne hinzuzufügen, dass er die Arbeit gern getan hat.
Er verabschiedete sich mit einem „herzlichen Dankeschön für die insgesamt hervorragende Zusammenarbeit, für Ihren großen dienstlichen Einsatz, für Ihre Loyalität und für Ihre Geduld, wenn diese bei mir gerade mal nicht so ausgeprägt war“. Gemeinsam habe man in den vergangenen zehn Jahren „viel Gutes für Ratingen“ erreicht.
Daran besteht kein Zweifel. Ratingen steht in praktisch jeder Beziehung besser da als vor zehn Jahren. Im Grunde gibt es drei Dinge, von denen der Erfolg und die Wertschätzung eines Bürgermeisters abhängen: Er muss genug Geld hereinholen, er muss es richtig ausgeben, und er muss sich kümmern. Ratingen hat in diesen zehn Jahren viel Geld zur Verfügung gehabt, vor allem deshalb, weil die Unternehmen der Stadt hohe Gewerbesteuerzahlungen leisteten. Birkenkamp war es immer das wichtigste Anliegen, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft in unserer Stadt attraktiv zu halten und so erfolgreiche Firmen anzulocken. Gleich nach seiner Amtsübernahme wurden die Steuerhebesätze gesenkt und seitdem konstant gehalten. Das wissen die Unternehmer zu schätzen.
In den Jahren bis 2011 erwirtschaftete die Stadt teils kräftige Überschüsse, obwohl Zigmillionen in Schulen, Kindergärten, Straßen und andere Infrastruktur gesteckt wurden. Mit den Überschüssen wurden Schulden abgebaut. Da kann man mit Fug und Recht von einer sinnvollen Verwendung des Geldes sprechen. Eklatante Fälle von Steuergeldverschwendung gab es nicht. Zeitweise mag der eine oder andere Bürger den Rathaus-Neubau für ein überflüssiges Prestigeprojekt gehalten haben. Wer so denkt, liegt jedoch völlig falsch. Der Neubau war aus diversen Gründen gar nicht zu verhindern, er ist zudem wirtschaftlich vernünftig, und die Kosten sind bislang gut im Griff.
Geld geholt, Geld zusammengehalten bzw. sinnvoll ausgegeben, diese beiden Kriterien lassen sich messen und weisen Birkenkamps zehnjährige Amtszeit als großen Erfolg aus (auch wenn die Zahlen zuletzt etwas weniger glänzten, weil wichtige Unternehmen kränkelten). Die Bürger wollen jedoch auch ein Stadtoberhaupt, das ihnen ihr Ohr leiht, das sich kümmert, wenn irgendwo der Schuh drückt, und sie wollen jemanden, der die Stadt würdig repräsentiert. In diese Rolle musste Birkenkamp hineinwachsen, denn er kam als Verwaltungsfachmann und nicht als Politiker ins Amt. Doch auch darin wusste er zu überzeugen, allein schon durch den extrem hohen zeitlichen Einsatz, den er unermüdlich an den Tag legte. Was natürlich nicht heißt, dass er jedem Bürger den vorgetragenen Wunsch erfüllte. Manche Anliegen sind berechtigt (die erledigte er schnell), andere nicht. Es hat auch etwas mit Unbestechlichkeit zu tun, hier eine klare Trennungslinie zu ziehen. So gingen viele Menschen zufrieden aus seinem Büro, aber natürlich nicht alle.
Ob es diese Enttäuschten waren, die ihm am 25. Mai eine zwar knappe, aber schmerzhafte Niederlage bescherten? Vielleicht. Es waren aber auch die Gleichgültigen, die, in dem Gefühl, dass ja alles irgendwie ganz gut läuft, gar nicht erst zur Wahl gegangen sind, immerhin knapp die Hälfte der Wahlberechtigten. Es waren natürlich die treuen Parteienwähler, die halt den Kandidaten wählen, den ihre Partei aufstellt. Und es waren schließlich auch solche Wähler, die schon zufrieden mit den letzten zehn Jahren waren, die aber wegen der zuletzt gesunkenen Einnahmen ein unbehagliches Gefühl hatten oder einfach mal ein neues Gesicht an der Stadtspitze sehen wollten.
Der Mann, dem dieses neue Gesicht gehört, Klaus Pesch, wird nun sehr schnell merken, worin der Unterschied zwischen einem stellvertretenden Verwaltungschef, der er bislang war, und einem Bürgermeister liegt. Harald Birkenkamp kann aber in der zufriedenen Gewissheit abtreten, dass ihm auch ohne offizielle Abschiedsfeier ein ehrenvoller Platz in der Ratinger Stadtchronik sicher ist. es