
Unsere Anfrage vom 22. August 2011 zum Thema "Stärkungspaket Stadtfinanzen" finden Sie
hier
Quelle:
Ratinger Wochenblatt vom 25. August 2011
"Stärkungspakt"
Landesregierung will armen Städten helfen – auf Kosten der reichen
Sorgen wegen Kommunalsoli West
Ratingen/Düsseldorf. Als Retter armer Städte und Gemeinden präsentierte sich NRW-Innenminister Ralf Jäger vor wenigen Tagen. Ein „Stärkungspakt Stadtfinanzen“, den die Landesregierung beschlossen hatte, soll klammen Städten mit einer Sonderfinanzspritze wieder auf die Beine helfen. Was geht’s Ratingen an, fragt sich der kundige politische Beobachter. Denn Ratingen mag alles Mögliche sein, nur nicht arm. Dennoch hat man bei der Bürger-Union die Ohren aufmerksam gespitzt und ist besorgt. Die Wählergemeinschaft bittet Bürgermeister Birkenkamp um eine erste Einschätzung zu den Auswirkungen auf Ratingen. Die Unruhe ist durchaus berechtigt.
Sie speist sich aus einem Nebensatz in der Presseerklärung des Ministers. Darin ist von einer „Solidarumlage bei den finanzstarken Kommunen“ die Rede, was nicht von ungefähr an den nach der Wiedervereinigung eingeführten Soli für den Osten erinnert. Auf gut Deutsch heißt das: Reiche Städte sollen ihren armen Nachbarn durch eine Sonderfinanzspritze helfen. Sie sollen zwar nicht den ganzen „Stärkungspakt“ tragen, aber einen großen Teil. Für Bürgermeister Harald Birkenkamp ist die Zielrichtung klar. Geplant sei eine „Abundanz-Umlage“ (abundante Kommunen sind, frei übersetzt, solche, die aus eigener Kraft laufen können und nicht am Tropf des Landes hängen). Aus seiner Arbeit in interkommunalen Gremien weiß Birkenkamp aber auch, dass solche Umlagen rechtlich hochproblematische Instrumente sind. „Ich kann es mir kaum vorstellen, dass das ohne Klage durchgeht“, sagte er auf Anfrage der Wochenblatt-Redaktion.
Dafür ist es aber noch viel zu früh, bislang sind nur grobe Eckpunkte der Regierungspläne bekannt. Und auch danach soll die Solidarumlage erst in den Folgejahren kommen.
Dass finanzschwache Städte und Gemeinden Hilfe brauche, ist unbestritten. Innenminister Jäger verspricht nun: „Wir sorgen dafür, dass alle Kommunen in NRW eine realistische Chance bekommen, ihre Finanzen auf eine gesunde Grundlage zu stellen.“ Dazu will das Land schon in diesem Jahr 350 Millionen Euro bereitstellen. Auch in den Folgejahren soll dies der Gesamtumfang des „Kommunalsoli West“ sein. Im Gegenzug müssten die Kommunen, denen geholfen wird, einen „klaren Sanierungskurs“ einschlagen.
Nun kommt man mit 350 Millionen Euro bei den vielen klammen Städten im Westen nicht weit. Daher soll in diesem Jahr dort begonnen werden, „wo die Not am größten ist“, erläuterte Minister Jäger. In Stufe eins sollen Kommunen bedacht werden, die akut von Überschuldung betroffen oder bedroht sind. Das sind Revierstädte wie Duisburg oder Oberhausen, aber auch Kommunen in strukturschwachen Gebieten wie Nideggen oder Altena. In einer zweiten Stufe können ab 2012 solche Kommunen in den Konsolidierungspakt einbezogen werden, bei denen die Haushaltsdaten 2010 eine Überschuldung bis 2016 erwarten lassen. Für sie sind Mittel in Höhe von 65 Millionen Euro im nächsten Jahr, 115 Millionen Euro im Jahr 2013 und 310 Millionen Euro ab dem Jahr 2014 vorgesehen. Und diese Mittel sollen dann über das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) und eine Solidarumlage bei den finanzstarken Kommunen hereingeholt werden.
Mit Hilfe des Geldes aus dem Stärkungspakt muss der Haushalt der jeweiligen Empfängerstadt innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen sein. Bis spätestens zum Jahr 2020 muss ein Haushaltsausgleich dann aus eigener Kraft erreicht werden.
Der Städte- und Gemeindebund NRW nennt den Stärkungspakt einen „ersten wichtigen Schritt“ zur Konsolidierung der kommunalen Finanzen. Er kritisiert aber das zu geringe Engagement des Landes. „Die Gemeinschaft der Kommunen ist bereit, einen finanziellen Beitrag zur Entschuldung der Nothaushalt-Kommunen zu leisten“, betonte Hauptgeschäftsführer Dr. Bernd-Jürgen Schneider. „Dann muss aber auch das Land zusätzlich eine entsprechende Summe in den Entschuldungstopf einbringen.“ Auch müsse die Finanzaufsicht instrumentell gestärkt und „künftig viel stärker präventiv tätig werden“. Denn nur wenn sich die Geberstädte darauf verlassen können, dass in den Empfängerstädten sparsam gewirtschaftet wird, sei der kommunale Solidarbeitrag zu rechtfertigen. es