An Herrn
Bürgermeister Harald Birkenkamp
- Rathaus -
Minoritenstraße 2-6
40878 Ratingen
23. März 2009
Antrag der Tierhilfe Ratingen e.V. vom 17.11.2008 (Nr. 21)
Antrag Frau Jutta-Neumann-Beuger vom 24.12.08 (Nr. 52)
Budgetplan (Verwaltungshaushalt) 32.20.01 (Seite 4 Anlage VI, Teil 1)
Sehr geehrter Herr Birkenkamp,
die Tierhilfe Ratingen e.V. hat am 17.11.08 einen Antrag auf Zuschussgewährung gestellt und diesen eingehend begründet. Hiernach wird der Etat trotz Mitgliedsbeiträgen, Sach- und Geldspenden durch keine ausreichenden Einnahmen gedeckt.
Dies ist nicht zuletzt auf die im Vergleich zu den vergangenen Jahren zurückgegangene Spendenbereitschaft zurückzuführen. Die Weltwirtschaftskrise hinterlässt ihre Spuren auch in diesem Bereich. „Die Krise trifft jetzt auch die Tiere“ titelte die RP am 18.03.2009 und weiter war zu lesen: „Tierschutzvereine schlagen Alarm: Aufgrund der Wirtschaftskrise trennen sich viele Besitzer von ihren Tieren, da die Kosten für die Haltung zu hoch sind. Den Vereinen droht das Geld auszugehen, weil das Spendenaufkommen drastisch einbricht.“ Auch die Tierhilfe in Ratingen spürt die Krise, im laufenden Jahr sind im Vergleich zum letzten Jahr deutliche Einbrüche im Spendenbereich zu verzeichnen.
Die Bürger-Union hat sich in der HAFAW-Sitzung am 03.03.09 für eine Erhöhung der im Haushalt 2009 mit 2.650,00 € bereitgestellten Mitteln auf 10.000,00 €, also um eine Erhöhung i.H.v. € 7.350,00 ausgesprochen. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, in dem einstimmig eine Erhöhung des Zuschusses auf 4.000,00 € beschlossen wurde, hat die Bürger-Union in diesem Jahr für die beantragte Erhöhung kein entsprechendes Gehör gefunden. Die Arbeit der Tierhilfe verdiene keine Unterstützung, so der allgemeine Tenor. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass der Verein selbst und die Arbeit der vielen freiwilligen Helfer nicht richtig wahrgenommen werden. Aus diesem Grund sehen wir Veranlassung, die Arbeit der Tierhilfe darzustellen.
Bei der Tierhilfe Ratingen e.V. handelt es sich um einen eingetragenen Verein, dessen Vorstand auf der ordentlichen Mitgliederversammlung im März vergangenen Jahres neu gewählt wurde. Der Verein besteht aus etwa 135 Mitgliedern und einigen weiteren Helfern, die sie bei Veranstaltungen unterstützen. Der Zweck des Vereins ist es, Tieren in Not zu helfen. Der Verein nimmt Abgabetiere auf, vermittelt diese in neue, artgerechte Haltungen. Er fängt wildlebende Katzen ein und lässt diese zur Vermeidung weiterer Vermehrung kastrieren. Verwilderte und damit nicht mehr vermittelbare Katzen werden gefüttert, medizinisch versorgt und damit am Leben gehalten. Die Tierhilfe klärt über artgerechte Haltung auf, vergesellschaftet „verwitwete“ Nager und betreut die Halter der Tiere, die erfolgreich vermittelt wurden. Die Tierhilfe steht auch zur Seite, wenn es mit dem neuen Hausgenossen Schwierigkeiten gibt und steht vor Ort als Berater zur Verfügung. Die Tierhilfe achtet bei der Vermittlung darauf, dass Mensch und Tier zusammen passen (Alter, Charaktereigenschaften, Anforderungen des Menschen, Bedürfnisse und Rasseeigenschaften des Tieres), damit eine zufriedene Zukunft für Mensch und Tier möglich ist. Die Tierhilfe unterstützt sozialschwache Menschen bei der Versorgung und der medizinisch notwendigen Betreuung von Tieren.
Anerkennung hat die Tierhilfe Ratingen e.V. kürzlich durch einen Auftritt in der renommierten Sendung „Tiere suchen ein zu Hause“ im WDR gefunden. Der Verein wurde gebeten, ihre Tiere dort vorzustellen. Die Resonanz war überaus erfreulich, eine Vielzahl von Tieren konnten aufgrund der Vorstellung in der Sendung erfolgreich vermittelt werden.
Es gibt in Ratingen keinen anderen aktiven Verein oder Gruppierung, die Tieren in Not hilft. Zwar existiert formal ein Tierschutzverein Ratingen e.V. mit Sitz in Erkelenz, eine Aktivität dieses Vereins für Ratingen ist jedoch seit Jahren nicht erkennbar.
Da die Tierhilfe Ratingen e.V. nicht über ein Tierheim verfügt, ist man auf Pflegestellen angewiesen, die die Tiere so lange bei sich aufnehmen, bis sich jemand findet, der das Tier in seine Familie holt. Auch um die Pflegestellen selbst kümmern sich die Mitglieder der Tierhilfe. Auch dort müssen die Tiere versorgt werden: Dazu müssen Futterspenden abgeholt und gelagert bzw. an die Pflegestellen verteilt werden. Hinzu kommen notwendige Fahrten zum Tierarzt sowie hin und wieder zurück zur Pflegestelle. Zeitintensiv ist auch die in allen Bereichen erforderliche Büroarbeit, nicht zu vergessen die Erstellung von Anzeigen, um auf schwervermittelbare (Alter, Krankheit, Anforderungen) Tiere aufmerksam zu machen.
Kurzum: Die Ansprechpartner der Tierhilfe sind rund um die Uhr im Einsatz und einsatzbereit, wenn ein Tier in Not ist, obgleich sie in der Regel voll berufstätig sind.
Voraussetzungen für die Tiervermittlung – Schutzvertrag und Schutzgebühr
Um eine verantwortungsvolle Vermittlung zu gewährleisten, sind bestimmte Kriterien, die der neue Halter erfüllen muss, um ein Tier zu übernehmen, unabdingbar. Die Kriterien sind von Tier zu Tier verschieden, da alle eigene Persönlichkeiten haben und andere Ansprüche an ihre Halter stellen. Eine 80jährige bekommt von der Tierhilfe keinen Welpen. Auch wenn die 80jährige momentan fit ist, wird nicht übersehen, dass ein Hund 15 Jahre alt wird. Der Anspruch der Tierhilfe ist es, das Tier ein Leben lang zu vermitteln und nicht etliche Male weiterzuvermitteln. Die Tierhilfe vermittelt auch keine Tiere an Personen, die nicht in der Lage sind, für Futterkosten oder ggf. Tierarztkosten aufzukommen. Es wird auch kein Hund an Vollzeitberufstätige vermittelt, da es nicht artgerecht ist, ein Rudeltier täglich 7-9 Stunden von seinem „Rudel“ zu trennen. Seitdem die Tierhilfe diese Kriterien aufgestellt hat, ist kein einziger Hund zurückgekommen. Nach den Vorgesprächen versteht i.Ü. jeder Interessent, warum ggf. ein bestimmter Hund nicht an den Interessenten abgegeben wird.
Der Schutzvertrag, den jeder bei Übernahme des Tieres zu unterzeichnen hat, soll sicherstellen, dass das Tier artgerecht gehalten wird, es nicht zur Zucht verwendet wird und bei Abgabe an die Tierhilfe und nicht an Dritte zurückgegeben wird.
Die vom neuen Tierbesitzer zu zahlende Schutzgebühr dient der Kostendeckung und entspricht gängiger Praxis. Die Schutzgebühr soll mithelfen, das Tier vor dem Schicksal zu bewahren, das es in vielen Fällen schon einmal erlebt hat. Die Gebühr soll deutlich machen, dass das Tier einen materiellen und emotionellen Wert hat. Keinesfalls ist ein Tier als Geschenk gedacht, das spontan entgegengenommen und schnell wieder weggeworfen werden kann. Außerdem hilft sie, die finanzielle Situation des neuen Halters zu beurteilen. Wer kein Geld für die Schutzgebühr hat, wird vielleicht später auch keines für Futter und Tierarztkosten aufbringen können.
Finanzierung und Kosten
Die Tierhilfe finanziert sich über Mitgliedsbeiträge, Spenden und Schutzgebühren. Kosten fallen hauptsächlich für tierärztliche Behandlungen wie Kastrationen und Impfungen an. Sehr oft werden Tiere abgegeben, die krank oder nicht einmal entwurmt und geimpft sind. Auch die Fahrtkosten sind immens. Da die Tierhilfe keinen festen Anlaufpunkt (Tierheim) hat, müssen die Mitglieder zu den einzelnen Pflegestellen, die in Ratingen und Umkreis verstreut sind, fahren. Fahrten fallen u.a. für Vorkontrollen bei Interessenten, Tierarztfahrten, Futterspenden einsammeln, Aushänge aufhängen, Futterstellen bedienen, Abgabetiere aufnehmen, Nachkontrollen etc. an. Kosten entstehen auch für Futter und Tierbedarf. Die Tierhilfe versucht, diese Posten durch Spenden möglichst gering zu halten, aber das funktioniert nicht immer, die Nager brauchen immer Heu und Frischfutter. Manchmal braucht ein Abgabehund auch ein neues Halsband und eine Katze aus medizinischen Gründen ein Spezialfutter etc.
Welche Tiere werden vermittelt?
Es werden deutlich mehr Katzen als andere Tiere vermittelt. Das liegt daran, dass in Ratingen mehr Katzen abgegeben, gefunden oder wild eingefangen werden. In Notzeiten können 6 Katzen in einer Wohnung artgerecht leben, dies geht bei Hunden nicht. In Deutschland leben auch mehr Katzen, da ihre Anforderungen an den Halter geringer sind. Neben Hunden und Katzen werden auch Meerschweinchen, Kaninchen und andere Nager vermittelt.
Im Jahr 2008 bis heute gelang es der Tierhilfe 35 Hunde, 200 Katzen und 60 Kleintiere erfolgreich in ihr neues zu Hause zu vermitteln.
Seitens des Ordnungsamtes wird die Hilfe der Tierhilfe selten in Anspruch genommen. Das Ordnungsamt bringt herrenlose Tiere, da es in Ratingen kein Tierheim gibt, entweder ins Düsseldorfer Tierheim oder in die Tierpension in Mettmann.
Tiere aus dem Ausland
“Warum muss man denn auch noch Hunde aus dem Ausland holen? Haben wir nicht schon genug arme Tiere in deutschen Tierheimen?“, so lautet der oft geäußerte Vorwurf.
Die Mitglieder der Tierhilfe werden oft von Interessenten gefragt, ob sie ein bestimmtes Tier vermitteln können. Dabei äußern die Interessenten bestimmte Vorstellungen von dem Tier (klein und sozialverträglich). Selbstverständlich wird von der Tierhilfe zunächst auf die vorhandenen Tiere in der näheren Umgebung verwiesen. Hunde, für die eine große Nachfrage besteht, gibt es jedoch in Deutschland selten im Tierheim zu finden. Bevor die Interessenten sich dann einen Hund von einem, möglicherweise auch unseriösem Züchter holen, verweist die Tierhilfe auf die Möglichkeit, einem armen Tier aus dem Ausland zu helfen.
Die Verhältnisse im Ausland sind teilweise katastrophal und kaum vorstellbar. Alltag sind Vergiftungen, tierquälerische Haltung und unendliches Tierleid. Überschüssige Tiere sterben zu hunderttausenden jährlich auf z.T. grausame Art in Tötungsstationen oder durch die Hand von Tierfängern oder Privatleuten.
Wenn Bedarf besteht, versucht die Tierschutzbeauftragte für Hunde hilflose Tiere aus dem Ausland zu vermitteln. Es wird also nur dann ein Tier aus dem Ausland geholt, wenn es hier in Ratingen einen neues zu Hause in Aussicht hat. Alle Tiere werden zuvor geimpft, gechipt, kastriert und umfangreich auf Krankheiten untersucht, bevor sie nach Ratingen kommen.
Durch die Vermittlung von Tieren aus dem Ausland entstehen der Tierhilfe keine zusätzlichen Kosten.
Warum ist die Anschrift der Tierhilfe in einem Mehrfamilienhaus?
Da es in Ratingen kein Tierheim gibt, wird als Geschäftsadresse die Adresse der langjährigen Katzenbeauftragten angegeben, sie wohnt in einem Mehrfamilienhaus (nicht Hochhaus). Für die Katzenbeauftragte ist die Bekanntgabe ihrer Adresse oft mit Unannehmlichkeiten verbunden. Immer wieder stehen Leute vor ihrer Tür, die sich Tiere anschauen wollen. Sie muss dann erklären, dass die Tierhilfe in Ratingen kein Tierheim hat und die Tiere auf Pflegestellen untergebracht sind.
Die Bürger-Union hofft, dass sie mit diesen Ausführungen die Bedenken der anderen Parteien ausräumen und davon überzeugen kann, dass die Arbeit der Tierhilfe eine weitere Unterstützung verdient und im wahrsten Sinne überlebenswichtig für unsere vierbeinigen Freunde ist.
Wir wenden uns an die anderen Ratsfraktionen, mit der Bitte, ein Herz für Tiere zu zeigen und die ehrenamtliche Tätigkeit der vielen freiwilligen Helfern der Tierhilfe zu unterstützen. Die Tierhilfe in Ratingen hat kein Tierheim, aus diesem Grund ist ihre Tätigkeit besonders aufwendig. Es sollte eigentlich für eine Stadt in der Größenordnung von Ratingen eine Selbstverständlichkeit sein, die ehrenamtlich für den Tierschutz tätigen freiwilligen Helfern mit den notwendigen Mitteln zu versehen., damit den armen Kreaturen geholfen werden kann. Nicht nur die vielen ehrenamtlich Tätigen, die Menschen in Not helfen, verdienen unsere Unterstützung, sondern auch diejenigen, die sich um arme Tiere kümmern, die sich nicht selbst helfen können.
Wir appellieren an die anderen Ratsfraktionen, zeigen Sie ein Herz für Tiere und versagen Sie ihnen nicht die notwendige Hilfe. Auch die ehrenamtlich Tätigen, die sich aufopferungsvoll in ihrer Freizeit um hilflose, alte und kranke Tiere kümmern, verdienen unsere Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Diehl Angela Diehl
Fraktionsvorsitzender Ratsmitglied
P.S. Zahlreiche Anerkenntnisschreiben von Bürgerinnen und Bürgern finden Sie hier