Bürgermeister Birkenkamp mit großem Vorsprung im Amt bestätigt
Triumph für Bürger-Union – Jetzt Suche nach stabilen Ratsmehrheiten
CDU ringt nach der Schlappe um den Kurs Von Egon Schuster Ratingen. Mit dem erwarteten Sieg des Amtsinhabers Harald Birkenkamp endete die Bürgermeisterwahl am Sonntag. Allenfalls die Höhe kam für viele überraschend. 47 Prozent der Stimmen erhielt der Kandidat der Bürger-Union, der CDU/FDP-Bewerber Stephan Santelmann landete mit 30 Prozent abgeschlagen auf Platz 2. Eine besondere Enttäuschung brachte der Wahlsonntag für den SPD/Grünen-Kandidaten Christian Wiglow, den nur 19,9 Prozent der Ratinger als Bürgermeister sehen wollten. Manfred Evers (Ratinger Linke) holte drei Prozent. Auch bei der Wahl zum Rat der Stadt war die Bürger-Union der große Sieger. Sie konnte ihr Sensationsergebnis von 2004 noch einmal um mehr als fünf Prozentpunkte steigern und ist mit 27 Prozent und 16 Sitzen nun zweitstärkste Kraft im Rat. Verluste mussten erneut CDU und SPD hinnehmen, während die kleinen Parteien zulegen konnten. Für die künftige Zusammenarbeit im Rat gibt es mehrere Optionen. Wer mit wem wie eng zusammenarbeiten wird, das ist zurzeit noch eine völlig offene Frage.
Die SPD fuhr einen historischen Minusrekord ein. Mit 18,9 Prozent der Stimmen lag sie noch einmal um 4,6 Prozentpunkte unter dem schon schwachen Ergebnis von 2004. Die Verluste in Ratingen liegen auch deutlich höher als im Landestrend. Trotz der Enttäuschung hatten sich die Sozialdemokraten schnell sortiert. Bereits am Dienstag erklärten die Ortsvereinsvorsitzende Elisabeth Müller-Witt und der Fraktionsvorsitzende Christian Wiglow „ausdrücklich“, dass sie mit allen im künftigen Rat der Stadt vertretenen Parteien zu Gesprächen bereit seien. „Meinungsverschiedenheiten der vergangenen Ratsperiode sollen bei den beabsichtigten Gesprächen nicht den Ausschlag geben“, heißt es in der Erklärung.
Ähnlich sieht man die Situation bei der Bürger-Union. Zwar gibt es von Seiten der erfolgreichen Wählergemeinschaft noch kein offizielles Statement, erste Signale zielen jedoch klar in Richtung Gesprächsbereitschaft mit allen Fraktionen. Bei der BU sah man am Sonntag natürlich nur strahlende Gesichter. Man war sich einig, dass die Bestätigung des Sensationserfolges von 2004 mit einer erneuten Steigerung auf 27 Prozent der Stimmen noch höher zu bewerten ist als die Überraschung vor fünf Jahren. Gleichwohl ist man in der BU-Führung abgeklärt genug, um zu wissen, dass man für Mehrheiten Partner braucht. Mit der CDU ergibt sich eine klare Ratsmehrheit, bei einem Zusammengehen mit der SPD müsste ein dritter Partner dazustoßen.
Turbulent geht es derweil in der CDU zu. Die Aufbereitung der erneuten Niederlage scheint bei den Christdemokraten ein schmerzhafter Prozess zu werden. Die CDU holte nur noch 31,8 Prozent und verlor gegenüber 2004 weitere drei Punkte. Dieser Verlust liegt zwar unter dem Landestrend, doch hatten die Christdemokraten vor fünf Jahren einen beispiellosen Absturz erlebt. Von diesem für eine Stadt wie Ratingen extrem niedrigen Niveau hatte man eigentlich wieder ein Stück nach oben klettern wollen. Stattdessen ging es weiter abwärts.
Viele Kritiker hatten das Unheil kommen sehen und vor einer Konfrontation mit der Bürger-Union und dem erfolgreichen Bürgermeister Birkenkamp gewarnt. Sie waren zum Schweigen gebracht, zum Teil bei der Kandidatenaufstellung ausgemustert worden. In Lintorf hatte die christdemokratische Parteiführung praktisch einen neuen Ortsverband aufbauen müssen. Die Quittung lässt sich am Wahlergebnis ablesen. In ihrer einstigen Hochburg wurde die CDU von der Bürger-Union überflügelt, Birkenkamp lag in Lintorf über 50 Prozent.
Nach der Wahl brach der Konflikt auch an anderer Stelle auf. In der ersten Fraktionssitzung sah sich Hanno Paas heftigen Angriffen ausgesetzt, weil er im Vorfeld der Wahl Birkenkamp als guten Bürgermeister bezeichnet hatte. Gar von parteischädigendem Verhalten war die Rede. Paas ließ sich jedoch nicht einschüchtern. Im Gegenzug forderte er öffentlich einen Neuanfang in der CDU. Sie müsse endlich auf die Bürger-Union zugehen. Und die Führungsriege um Parteichef Rolf Steuwe und Fraktionschef Ewald Vielhaus, die das Wahldebakel zu verantworten habe, müsse abtreten. Auch der Kreisvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Wolfgang Leyendecker, fordert: „Die Verantwortlichen für die Spaltung der Partei müssen Konsequenzen ziehen.“ Sonst könne man bald eine Todesanzeige für die Ratinger CDU aufgeben, ergänzt ein weiteres bekanntes CDU-Mitglied.
Er sei ganz überwältigt, welch ein positives Echo er auf seine Äußerungen erhalten habe, sagte Hanno Paas. „Aus der Wirtschaft, aus der Partei, aus der Bürgerschaft, von überall erhalte ich Zuspruch. Wir können nach so einem Ergebnis doch nicht weitermachen, als sei nichts gewesen.“
Die größten Gewinne nach der Bürger-Union konnte die Ratinger Linke verbuchen. Sie holte 3,5 Prozent und wird demnächst mit zwei Mitgliedern im Rat vertreten sein. Die FDP konnte sich ungefähr im Rahmen des Landestrends auf neun Prozent verbessern, die Grünen legten leicht auf 9,8 Prozent zu.
Dem neuen Rat gehören 60 Mitglieder an, sechs weniger als vor fünf Jahren. 2004 hatte die CDU 23 von 25 Wahlbezirke direkt gewonnen, nach dem Wahlergebnis hätten ihr aber nur 18 Ratsmitglieder zugestanden. Die fünf Überhangmandate mussten bei den anderen Fraktionen entsprechend ihres Stimmenanteils ausgeglichen werden, so dass der Rat am Ende 66 statt der vorgesehenen 50 Mitglieder hatte.
Auch diesmal gibt es Überhangmandate, aber weniger als 2004. Die CDU holte 19 Wahlbezirke, das Wahlergebnis bescherte den Christdemokraten aber nur 16 Ratsmitglieder. Die Bürger-Union konnte vier Bezirke direkt gewinnen (Andreas von der Groeben in Hösel, Lothar Diehl in Hösel/Eggerscheidt, Angela Diehl und Stefan Willmann in Lintorf), die SPD konnte zwei Bezirke für sich entscheiden (Anne Korzonnek in Homberg und Bernd Falkenau in West).
In mehreren Wahlbezirken ging es äußerst knapp zu. So lag Patrick Anders in Lintorf-Nord genau eine Stimme vor Günter Engel von der BU. Auch in einigen Bezirken von Ratingen-Mitte und -West lagen die Kandidaten von CDU und BU teilweise nur wenige Stimmen auseinander. Ihr bestes Ergebnis erzielte die Bürger-Union mit 44,6 Prozent in Hösel/Eggerscheidt. Die CDU schnitt am besten im Wahlbezirk 15 (Tiefenbroich) ab. Dort holte sie 41,2 Prozent. Mit 31 Prozent wurde Homberg-Nord zur größten SPD-Hochburg. Dort kandidierte die stellvertretende Bürgermeisterin Anne Korzonnek. Dagegen rutschten die Sozialdemokraten im Höseler Wahlbezirk 21 auf 9,8 Prozent und blieben dort sogar hinter der FDP zurück. Die Grünen und die Linken schnitten am besten in Ratingen-West ab, wenn auch in unterschiedlichen Teilen: die Grünen im grünen Süden, die Linken in den Hochhäusern.
Die Ratinger Wahlergebnisse im Einzelnen:
Bürgermeister
Harald Birkenkamp 47.0 %, Stephan Santelmann 30.0 %, Christian Wiglow 19.9 %, Manfred Evers 3.0 %.
Landrat
Thomas Hendele (CDU) 58.6 %, Manfred Krick (SPD) 24.3 %, Nils Lessing (Grüne) 17.1 %.
Kreistag
CDU 43.5 %, SPD 22.0 %, Grüne 15.1 %, FDP 11.8 %, UWG 4.9 %.
Rat der Stadt
Stadt Ratingen: Beteiligung 53.0 %, CDU 31.8 % (2004: 34.7), SPD 18.9 % (23.5), Bürger-Union 27.0 % (21.7), Grüne 9.8 % (9.0), FDP 9.0 % (6.4), Linke 3.5 % (0.9).
Ratingen-Mitte
Wahlbezirk 701: Beteiligung 51.1 %, CDU 28.8 %, SPD 18.5 %, Bürger-Union 25.4 %, Grüne 14.1 %, FDP 9.3 %, Linke 3.9 %. Gewählt: Gerold Fahr.
Wahlbezirk 702: Beteiligung 56.1 %, CDU 37.5 %, SPD 15.9 %, Bürger-Union 22.9 %, Grüne 12.1 %, FDP 9.1 %, Linke 2.5 %. Gewählt: Margret Paprotta.
Wahlbezirk 703: Beteiligung 55.2 %, CDU 30.0 %, SPD 17.6 %, Bürger-Union 29.2 %, Grüne 7.9 %, FDP 11.9 %, Linke 3.5 %. Gewählt: Heidelore Brebeck.
Wahlbezirk 706: Beteiligung 53.9 %, CDU 28.9 %, SPD 22.3 %, Bürger-Union 27.9 %, Grüne 11.1 %, FDP 6.2 %, Linke 3.6 %. Gewählt: Hanno Paas.
Wahlbezirk 707: Beteiligung 56.1 %, CDU 32.3 %, SPD 16.9 %, Bürger-Union 24.5 %, Grüne 12.4 %, FDP 9.7 %, Linke 4.1 %. Gewählt: Erhard Schneider.
Wahlbezirk 708: Beteiligung 46.6 %, CDU 34.9 %, SPD 22.6 %, Bürger-Union 22.7 %, Grüne 7.8 %, FDP 5.3 %, Linke 6.7 %. Gewählt: Ewald Vielhaus.
Ratingen-Ost
Wahlbezirk 704: Beteiligung 59.5 %, CDU 30.5 %, SPD 24.5 %, Bürger-Union 21.2 %, Grüne 12.7 %, FDP 8.2 %, Linke 2.9 %. Gewählt: David Lüngen.
Wahlbezirk 705: Beteiligung 58.9 %, CDU 30.8 %, SPD 16.9 %, Bürger-Union 27.2 %, Grüne 12.3 %, FDP 8.8 %, Linke 4.0 %. Gewählt: Udo Schäckermann.
Ratingen-Süd
Wahlbezirk 709: Beteiligung 56.6 %, CDU 29.6 %, SPD 20.6 %, Bürger-Union 26.0 %, Grüne 8.6 %, FDP 7.9 %, Linke 7.2 %. Gewählt: Klaus Weber.
Ratingen-West
Wahlbezirk 710: Beteiligung 48.4 %, CDU 23.3 %, SPD 24.1 %, Bürger-Union 23.1 %, Grüne 16.2 %, FDP 8.8 %, Linke 4.6 %. Gewählt: Bernd Falkenau.
Wahlbezirk 711: Beteiligung 43.1 %, CDU 29.8 %, SPD 25.3 %, Bürger-Union 24.7 %, Grüne 7.0 %, FDP 8.9 %, Linke 4.3 %. Gewählt: Margret Tombers.
Wahlbezirk 712: Beteiligung 30.9 %, CDU 35.5 %, SPD 25.5 %, Bürger-Union 19.0 %, Grüne 7.7 %, FDP 4.8 %, Linke 7.5 %. Gewählt: Werner Kleinrahm.
Wahlbezirk 713: Beteiligung 30.7 %, CDU 28.2 %, SPD 27.0 %, Bürger-Union 24.4 %, Grüne 8.2 %, FDP 4.6 %, Linke 7.7 %. Gewählt: Andreas Dick.
Tiefenbroich
Wahlbezirk 714: Beteiligung 45.2 %, CDU 34.5 %, SPD 24.8 %, Bürger-Union 19.2 %, Grüne 6.6 %, FDP 10.4 %, Linke 4.5 %. Gewählt: Regina Franke.
Wahlbezirk 715: Beteiligung 45.3 %, CDU 41.2 %, SPD 21.0 %, Bürger-Union 19.3 %, Grüne 6.7 %, FDP 7.0 %, Linke 4.9 %. Gewählt: Winfried Abel.
Lintorf
Wahlbezirk 716: Beteiligung 57.7 %, CDU 29.2 %, SPD 13.7 %, Bürger-Union 36.6 %, Grüne 9.8 %, FDP 8.3 %, Linke 2.3 %. Gewählt: Angela Diehl.
Wahlbezirk 717: Beteiligung 55.2 %, CDU 31.9 %, SPD 14.0 %, Bürger-Union 34.5 %, Grüne 8.3 %, FDP 9.9 %, Linke 1.3 %. Gewählt: Stefan Willmann.
Wahlbezirk 718: Beteiligung 52.8 %, CDU 31.7 %, SPD 17.3 %, Bürger-Union 28.5 %, Grüne 8.6 %, FDP 10.8 %, Linke 3.0 %. Gewählt: Karl-Heinz Kaufmann.
Wahlbezirk 719: Beteiligung 51.9 %, CDU 32.2 %, SPD 15.2 %, Bürger-Union 32.1 %, Grüne 8.9 %, FDP 8.4 %, Linke 3.2 %. Gewählt: Patrick Anders.
Breitscheid
Wahlbezirk 720: Beteiligung 57.2 %, CDU 39.2 %, SPD 16.7 %, Bürger-Union 22.1 %, Grüne 9.0 %, FDP 10.5 %, Linke 2.4 %. Gewählt: Jörg Maaßhoff.
Hösel
Wahlbezirk 721: Beteiligung 61.3 %, CDU 35.9 %, SPD 9.8 %, Bürger-Union 35.3 %, Grüne 6.0 %, FDP 11.2 %, Linke 1.8 %. Gewählt: Stefan Heins.
Wahlbezirk 722: Beteiligung 65.5 %, CDU 29.7 %, SPD 15.8 %, Bürger-Union 36.2 %, Grüne 7.6 %, FDP 9.3 %, Linke 1.4 %. Gewählt: Alexander von der Groeben.
Hösel/Eggerscheidt
Wahlbezirk 723: Beteiligung 66.1 %, CDU 30.0 %, SPD 10.0 %, Bürger-Union 44.6 %, Grüne 5.7 %, FDP 7.9 %, Linke 1.9 %. Gewählt: Lothar Diehl.
Homberg
Wahlbezirk 724: Beteiligung 60.2 %, CDU 29.5 %, SPD 31.0 %, Bürger-Union 15.6 %, Grüne 12.2 %, FDP 8.5 %, Linke 3.2 %. Gewählt: Anne Korzonnek.
Wahlbezirk 725: Beteiligung 67.4 %, CDU 31.2 %, SPD 20.1 %, Bürger-Union 21.0 %, Grüne 13.2 %, FDP 12.2 %, Linke 2.2 %. Gewählt: Claudia Luderich.